Abschlussklasse Hauswirtschaft bereitet Rindfleisch zu
Nose to tail – das ganze Tier verwerten

Die Studierenden der Landwirtschaftsschule, Abt. Hauswirtschaft Regen hatten im Fach Küchenpraxis die Butter Boyz zu Gast. Dahinter verbergen sich die beiden Köche Moritz Oswald und Fabio Cestari de Mesquita mit ihrem Feinkostgeschäft am Regener Stadtplatz. Beide haben ihr Kochhandwerk in Lyon, Frankreich, gelernt und konnten so den Studierenden einige Tipps an die Hand bzw. mit an den heimischen Herd geben. Im Mittelpunkt des Seminars stand die ganzheitliche Verwertung eines Tieres – also von der Schnauze bis zum Schwanz.

Zu Beginn wurden die verschiedenen Fleischteile eines Rindes besprochen. "Unsere Philosophie ist 'Nose to tail', denn schließlich besteht ein Rind aus mehr als nur dem Filet und der Lende und sollte auch ganz verwertet werden", so Oswald. Weg also vom Massen-Fleischkonsum, hin zu einem verantwortungsvollen und nachhaltigen Fleischgenuss.

Nierenzapfen und Ochsenbacken
Ein Fleischstück mit sehr viel Eigengeschmack ist zum Beispiel der Nierenzapfen. Dieser kann gebraten oder auch auf dem Grill zubereitet werden. Wer das Glück hat und diesen beim Metzger sieht, solle sofort zugreifen. "Ich esse Nierenzapfen lieber als Filet, weil er einfach viel intensiver schmeckt", schwärmt der Koch weiter. Ein weiterer Teil des Rindes, der eher selten zubereitet wird, sind die Rinder- oder Ochsenbacken. Diese werden mit einem Stück Küchengarn rund gebunden und anschließend einen Tag in Rotwein mariniert. "Dann sechs Stunden mit Schalotten, einem Stück Sellerie und Karotten schmoren", erklärt Fabio Cestari de Mesquita. Da das Fleisch reich an Bindegewebe ist, benötigt es diese lange Garzeit, ist danach aber butterzart und zerfällt fast von allein. Durch den hohen Gelatineanteil in den Backen bekommt die Soße eine schöne Konsistenz.
Fleisch rechtzeitig vor dem Zubereiten aus dem Kühlschrank
Natürlich wurde auch auf die Zubereitung der klassischen Teile Rinderfilet und Lende eingegangen. Das Rinderfilet besteht aus dem Filetkopf, dem Mittelstück und dem Schwanzstück. Da das Schwanzstück sehr dünn ist, eignet es sich nicht als Steak. Man kann daraus aber wunderbar Tatar oder Filet Stroganoff zubereiten. Wichtig ist hierbei nur, das Fleisch ca. eine Stunde vor dem Braten aus dem Kühlschrank zu nehmen, damit es Raumtemperatur annimmt. "Der Kälteschock führt sonst dazu, dass sich das Fleisch zusammenzieht und zäh bleibt", erklärt Oswald.
Regionale Qualität punktet
Die Qualität des Ausgangsproduktes ist für das Ergebnis immer das Wichtigste. "Wir legen bei unserem Unterricht immer sehr viel Wert auf Regionalität und Saisonalität", betont die Fachlehrerin Ramona Biller. Das heutige Fleisch stammt aus dem 13 km entfernten Kirchberg i. Wald von den Tieren von Konrad Mühlbauer und wurde 16 Tage lang abgehangen. Nach dem Parieren, also dem Entfernen der Sehnen und der Silberhaut, werden ca. 180 – 220 g Portionen abgeschnitten.
Alles wird verwendet!
Die Abschnitte werden aber keinesfalls entsorgt! Aus diesen wird gemeinsam mit Gemüseabschnitten und -schalen ein Soßenansatz gekocht. Hierbei lautet der Grundsatz: Je länger die Garzeit, umso gröber dürfen diese geschnitten sein. So reicht es, wenn für einen mehrstündigen Soßenansatz oder ein Schmorgericht die Karotte zum Beispiel nur halbiert wird. Für einen schnellen Soßenansatz nach dem Fleischanbraten hingegen, wird alles sehr fein geschnitten, da der Geschmack schneller aus den Zutaten treten muss.
Der perfekte Garpunkt
Nach der Theorie durften die Studierenden wieder selbst Hand anlegen und das Fleisch auf den gewünschten Punkt garen. Auf die Frage einer Studierenden, ob man den Garpunkt wirklich so genau bestimmen kann, antworteten die beiden Profis ganz klar mit Ja! Am besten nicht zu dünn schneiden und in drei Stufen zubereiten:
  • In der ersten Stufe wird das Fleisch scharf in einer Pfanne angebraten – das Fett sollte dabei leicht zu rauchen beginnen. Aber hierfür nur Butterschmalz und hitzestabile Öle, z. B. Rapsöl verwenden. Durch die sogenannte Maillard-Reaktion bekommt das Fleisch die typische Bräunung.
  • Bei der zweiten Stufe wird es im Backofen bei 200°C, Umluft auf den gewünschten Garpunkt gebracht. "Für ein 200 g Steak medium rechnet man ca. 8 Min", erklärt Fabio Cestari de Mesquita.
  • Im dritten Schritt lässt man das Fleisch abgedeckt nachruhen, damit es sich entspannt und der Fleischsaft wieder gleichmäßig verteilt. Bevor das Fleisch auf den Tellern angerichtet wird, wird es noch kurz in Butter mit einem Thymianzweig und angedrückter Knoblauchzehe geschwenkt. Das Fett darf hierbei aber nur noch leicht "singen" und schäumen.
Und dann war es auch schon so weit! Tatar, Rinderbacken, Filet und Co. waren fertig und konnten gemeinsam mit Kartoffelgratin und einer Sauce béarnaise probiert werden. Zum Schluss waren sich alle einig – es werden nun öfter "untypische" Rinderteile auf den Tisch kommen, denn es hat allen sehr gut geschmeckt.
Ein Koch steht auf einer hohen Fläche und zeigt auf ein Plakat mit Rindfleischteilen

Theorie

Zwei Köche in grauer Schürze stehen vor dem Herd

Garpunktmethode

Ein Koch und eine Köchin stehen am Herd auf dem eine Pfanne mit Fleisch steht

Praxis

In einer Pfanne, die auf dem Herd steht, wird Fleisch gebraten

Fleischqualität

Ein Koch löst den Bindefaden von einem geschmortem Ochsenbäckchen

Anrichten

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